09.07.2018, Exkursion: Pflanzenwelt in Bochum - Innenstadt am Bergbaumuseum
Selbst wenn der Sommer so trocken ist wie in diesem Jahr, gibt es in der Stadt immer interessante botanische Highlights zu entdecken, jedenfalls dann, wenn nicht allzuviel "weggepflegt" wird. Und so trafen wir uns zur Juli-Exkursion vor dem Deutschen Bergbaumuseum und nahmen uns vor, von dort aus auch die angrenzende Gegend um die Schrebergärten und den Park der Schmechtingwiese zu untersuchen. Es gab aber schon im Bereich des Museums und des Polizeipräsidiums so viele interessante Arten zu besprechen, dass wir es in fast zwei Stunden kaum schafften, den Block zu umrunden.
Bereits am Treffpunkt fanden sich in den Ritzen zwischen den Pflastersteinen eine Menge von Arten, die an Tritt gewöhnt sind oder zumindest in einem gewissen Maße damit zurecht kommen. Viele von ihnen sind dadurch wesentlich kleiner und mickeriger entwickelt, als man sie von Standorten ohne Tritteinfluss kennt. Wir fanden z. B. Breit-Wegerich (Plantago major), Kahles Bruchkraut (Herniaria glabra), Niederliegendes Mastkraut (Sagina procumbens), Einjähriges Rispengras (Poa annua), Kahle Fingerhirse (Digitaria ischaemum), Weiß-Klee (Trifolium repens), Hopfenklee (Medicago lupulina) und Quendelblättriges Sandkraut (Arenaria sepyllifolia), die an solchen Stellen verbreitet sind.
Aber auch seltenere Arten gab es in den Ritzen zu sehen, wie die Gefleckte Wolfsmilch (Euphorbia maculata), die aus Nord-Amerika stammt und mittlerweile in NRW besonders auf Friedhöfen verbreitet ist, sowie das Gelbweiße Ruhrkraut (Helichrysum luteoalbum = Pseudognaphalium luteoalbum), das in NRW als stark gefährdet (RL 2) auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten geführt wird. Es ist uns letztes Jahr bereits auf der Exkursion auf dem Gelände der Ruhr-Universität begegnet. Interessant waren außerdem die stellenweise großen Vorkommen des Portulaks (Portulaca oleracea agg.), die Wildform der Gemüsepflanze aus dem Garten.
Und es wurde noch spannender. Der bemerkenswerteste Fund der Exkursion stellte ein recht unspektakulär aussehendes, grünblühendes Nelkengewächs dar, das in Bochum erst das dritte mal gefunden wurde: das Vierblättrige Nagelkraut (Polycarpon tetraphyllum). Es stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und wurde erstmals Ende der 1990er Jahre beständig in NRW gefunden. Auch heute ist es im Land noch selten und wurde bisher immer im Siedlungsbereich gefunden, ist also bei uns eine typische Stadtpflanze.
Die Vorliebe von Pflanzen für bestimmte Standorte kann sich mit der Zeit allerdings ändern, besonders in der Stadt. Ein Beispiel hierfür ist das Kleine Liebesgras (Eragrostis minor), das noch in den 1990er Jahren fast ausschließlich entlang von Bahngelände wuchs, heute aber im Siedlungsbereich auch an anderen Ruderalstandorten wie z.B. auf Bürgersteigen regelmäßig anzutreffen ist.
Neben der Pflanzenwelt der Pflasterritzen untersuchten wir auch die Randbepflanzungen, Blumenbeete und Zierrasen nach Verwilderungen und Unkräutern und so fanden wir neben Garten-Wolfsmilch (Euphorbia peplus), Sonnenwend-Wolfsmilch (Euphorbia helioscopia), Acker-Schöterich (Erysimum cheiranthoides), Drüsiger Schwarzer Nachtschatten (Solanum nigrum subsp. schultesii = S. decipiens), Weißem Gänsefuß (Chenopodium album) und einer verwilderten Hängepolster-Glockenblume (Campanula poscharskyana) auch die im Stadtbereich nicht seltene Orchideenart Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine). Sie ist im Gegensatz zu fast allen anderen Orchideen-Arten in NRW nicht gefährdet, sondern offenbar immer noch in Ausbreitung. Mehr Infos zu der Art finden Sie hier