Kreisgruppe Bochum

Ein Leuchten in der Nacht - Wie backe ich einen Leuchtkuchen?

Der Anlass

Störstellen-Kuchen mit Keimlingen, Käfern und Würmern  (© BUND Bochum)

Bei größeren Aktionen auf unserern Obstwiese ist es Tradition geworden, einen Mottokuchen zu backen, wobei es gilt, den jeweils vorherigen hinsichtlich Originalität zu übertreffen. So gab es z. B. schon Tagfalter-, Raupen- sowie einen Störstellenkuchen: ein essbarer Erdhaufen mit Regenwürmern und Pflanzenkeimlingen (s. Foto). Nun stand im August eine Nachtfalteraktion an und damit eine neue Challenge. Schnell war klar:

Der Kuchen muss leuchten!

 

Die Recherche

Die Recherche nach essbarer Leuchtdeko war jedoch ernüchternd. Zwar führte sie zunächst zu verschiedenen Back-Influencerinnen, die in ihren Kanälen sogenannte „Glow in the dark-Torten“ präsentieren (was es nicht alles gibt...). Jedoch sind die verwendeten fluoreszierenden Farben relativ teuer, größtenteils nur über Auslandsimporte erhältlich und es gab Hinweise, dass Schwermetalle enthalten sein könnten und weitere gesundheitliche Bedenklichkeit bestehen. Es musste also eine Lösung her, den Kuchen zum Leuchten zu bringen, ohne unsere Gäste zu vergiften.

Die Suche nach unbedenklichen und zudem unkompliziert erhältlichen Leuchtsubstanzen ging weiter. In der Chemie- und Biologie-Abteilung des Internets stellten sich schließlich zwei Kandidaten als besonders erfolgsversprechend heraus: 
Chinin und Riboflavin, letzteres ist auch bekannt als Vitamin B2.

Chinin ist als Bitterstoff in Getränken wie Bitter Lemon oder Tonic Water enthalten. In einschlägigen Foren wird von Cocktails mit diesen Getränken berichtet (z. B. Gin Tonic), die unter UV-Licht in Vaters Partykeller oder in der Disco, von den coolen Kids heutzutage „Club“ genannt, der ultimative Partyhit sind. Chinin fluoresziert unter UV-Licht strahlend weiß. Die Versuche ergaben allerdings, dass zwar chininhaltige Getränke toll leuchten, die zugegebene Menge Tonic Water im gebackenen Kuchen aber nicht wirklich reicht, um einen guten Leuchteffekt zu erzeugen, wenn man den Teig nicht verwässern will.

Vitamin B-Tabletten  (© Corinne Buch)

Die letzte Chance war also Riboflavin und direkt auch ein Volltreffer. Dazu kauften wir bei einer bekannten Drogeriekette für wenige Euro eine Packung Vitamin B-Tabletten. Diese bestehen aus einer Gelatine-Hülle, in der sich feste weiße und gelbe Kügelchen befinden. Es stellte sich heraus, dass zur Verwendung die Tablettenhülle geöffnet werden muss, die weißen Bestandteile verworfen und die gelben Kugeln herauspräpariert und in ein wenig Wasser aufgelöst werden müssen. Mit bereits geringen Konzentrationen wurde damit ein toller gelber Leuchteffekt unter UV-Licht erreicht.

Das Ergebnis

Ein leuchtender Kuchen  (© Corinne Buch)

Zubereitet wurde also farblich passend ein Zitronenkuchen mit in ein paar Tropfen Wasser gelösten gelben Riboflavin-Kügelchen aus insgesamt vier Vitamin-B-Tabletten. Um Chinin doch noch zum Einsatz zu bringen, wurde der Zuckerguss mit etwas Tonic Water angerührt. Der Gesamteffekt war zwar nur direkt am UV-Leuchtturm sichtbar, wir hatten aber für die Experimente zuvor eine UV-Taschenlampe besorgt, die auch am Kuchenbuffet zum Einsatz kam.

Leuchtkuchen im UV-Licht  (© Detlef Mährmann)

So viel Aufwand für einen Kuchen?

Ja, aber auch eine tolle Versuchsreihe. Nicht nur die ständige Verkostung von frischem Gebäck sorgte in der restlichen Familie für Begeisterung, sondern es wurden mit der UV-Taschenlampe auch weitere Alltagsdinge auf UV-Fluoreszenz untersucht – vom Geldschein über Vollwaschmittel und Textmarker bis hin zu Blüten, die im UV-Spektrum sehende Insekten anlocken könnten.

Tonic Water eignet sich übrigens auch hervorragend als Geheimtinte für kleine Nachwuchsdetektivinnen.

Corinne Buch (21.12.2020)