Kreisgruppe Bochum

08.05.2017, Exkursion: Pflanzenwelt in Bochum - Westpark, Jahrhunderthalle

 (© BUND Bochum)

Der Bochumer Westpark - mit der Jahrhunderthalle in seinem Herzen - hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Aus botanischer Sicht zum Negativen. Ein Ort der "Route der Industrienatur im Ruhrgebiet" verliert durch die "Inwertsetzung" des Geländes unter vorwiegend Freizeit- und Event-Gesichtspunkten immer mehr industrietypische Flächen. Ein Großteil der ehemals so wichtigen Wuchsorte für die Bochumer Flora und Fauna verschwindet unter Parkplätzen, Betonbecken und Liegewiesen. Dennoch gibt es hier und da noch Stellen, die sich zum Botanisieren lohnen. Man findet ein Miteinander von häufigen und seltenen, von heimischen und neophytischen Arten. Gefährdete Arten wachsen neben Verwilderungen aus Ansaaten.

Frühlings-Fingerkraut (Potentilla verna)  (© Armin Jagel)

Ein besonderes Highlight ist das Frühlings-Fingerkraut (Potentilla verna). Die Art ist in Bochum wohl nicht heimisch. Sie war es zwar an anderen Orten im Ruhrgebiet, gilt aber heute nach Roter Liste NRW hier als ausgestorben. Im Westpark wachsen große Mengen in Rasen, auf Böschungen, auf Schotterwegen und in Pflasterritzen. Wie die Art in den Park gekommen ist, beibt unklar, aber sie fühlt sich hier offenbar sehr wohl und wird bleiben, wenn man die Wuchsorte nicht vernichtet.

Dreifinger-Steinbrech (Saxifraga tridactylites) mit Frühlingshungerblümchen (Erophila verna agg.)  (© Armin Jagel)

Typisch für die offenen Bereiche auf Schotter sind kleine Einjährige, die nur kurz im Frühjahr zu finden sind (sog. Frühlingsannuelle oder Frühjahrsephemerophyten). Hierzu gehört z. B. der Dreifinger-Steinbrech (Saxifraga tridactylites). Er war früher viel seltener in NRW, bis er sich gegen Ende des letzten Jahrhunderts plötzlich massiv über Bahngleise ausgebreitet hat. Heute findet man ihn landesweit auf jedem Bahnhof und Bahngleis, wenn nicht gespritzt wird. Das Hungerblümchen (Erophila verna agg.) ist im Mai an vielen Orten schon verblüht und man sieht nur noch die papierartigen "falschen Scheidewände" der leeren Kreuzblütlerfrüchte (im Bild am rechten Rand).

Raues Vergissmeinnicht (Myosotis ramosissima)  (© Armin Jagel)

Zu den Frühlingsannuellen gehören auch einige kleinblütige Vergissmeinnicht-Arten, die anders als das Acker-Vergissmeinnicht (Myosotis arvensis), nur im Frühjahr zu finden sind. Hierzu gehört das Raue Vergissmeinnicht (Myosotis ramosissima), das im Westpark an vielen Stellen in offenen Rasen, besonders reichlich auf Böschungen wächst. Es hat kleinere Blüten als das Acker-Vergissmeinnicht und die Fruchtstiele sind kürzer. Die Art wird in der Roten Liste landesweit aufgrund starker Rückgänge als gefährdet (RL 3) eingestuft. Im Ruhrgebiet gilt sie dagegen noch als ungefährdet, weil man hier im Vergleich zur heutigen Feld- und Wiesenlandschaft des Umlandes noch viele magere und unvergiftete Lebensräume auf Bahn- und Industriebrachen findet, in denen sie ziemlich regelmäßig vorkommt.

Steppen-Thymian (Thymus pannonicus)  (© Armin Jagel)

An einigen Stellen haben sich Pflanzen eingefunden, die aus ehemaligen Ansaaten stammen, sich aber halten und ausbreiten konnten. Hierzu gehört der in NRW nicht einheimische Steppen-Thymian (Thymus pannonicus), der jetzt schon blüht, während unser heimischer Feld-Thymian (Thymus pulegioides) noch lange keine Blüten zeigen wird. Er wächst ebenfalls im Westpark hier und da in Rasen. Da unnötigerweise auf Industriebrachen bei der "Inwertsetzung" gerne florenverfälschenden Ansaaten verwendet werden, kann man auch bei einheimischen Arten oft nicht entscheiden, ob sie eigenständig ins Gebiet gelangt sind oder "nachgeholfen" wurde. So auch bei den Vorkommen des Feld-Thymians im Westpark.

(Bericht von Armin Jagel, 08.05.2017)

Literatur zum Weiterlesen:

JAGEL, A. 2004: Zur Situation der Flora auf Industrie- und Bahnbrachen in Bochum/Westfalen. – Florist. Rundbr. (Bochum) 37: 53-73 

JAGEL, A. & GAUSMANN, P. 2010: Zum Wandel der Flora von Bochum im Ruhrgebiet (Nordrhein-Westfalen) in den letzten 120 Jahren. - Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 1: 7-53.

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