Friedhöfe als Orte der Artenvielfalt
Bei Bochumer Naturschützer*innen ist die Rolle von Friedhöfen für die Artenvielfalt schon lange bekannt. Da Felder und Wiesen durch die Anwendung von zu viel Dünger und Pestiziden weitgehend lebensfeindlich wurden, wichen viele Tier- und Pflanzenarten zunächst auf unsere zahlreichen Industriebrachen aus. Da diese aber in den beiden letzten Jahrzehnten größtenteils umgestaltet oder vollständig überbaut wurden ("inwertgesetzt"), ging ihr ehemals hoher Wert für den Artenschutz verloren und viele Arten starben aus. Den Friedhöfen im Siedlungsbereich kommt nun eine besondere Rolle als Rückzugsort zu, wo sich einige Arten noch halten können.
Auf dem ev. Friedhof in Wattenscheid z. B. wachsen die Weg-Malve und das Niederliegende Johanniskraut, die im Stadtgebiet heute außerordentlich selten sind.
Blütenreichtum für Insekten
Hier wird unter Leitung des Friedhofsverwalters und Gärtnermeisters Holger Sense außerdem viel getan, um den Wert des Friedhofs noch weiter zu steigern. So werden blütenreiche Bäume gepflanzt und Blühflächen angelegt, um den Insekten Nahrungsquellen zu bieten. Infotafeln informieren über die Maßnahmen. Für die Vögel des Friedhofs wurden mehr als 30 Vogelnistkästen aufgehängt. An warmen Sommerabenden können Fledermäuse auf der Jagd nach Fluginsekten beobachtet werden. Für sie stiftet der BUND Bochum Fledermauskästen, in denen die Nachtjäger tagsüber schlafen können.
Für die Wildbienen bauen wir ein großes Insektenhotel, das noch im Winter bezugsfertig sein wird und zahlreichen Wildbienen einen Unterschlupf bietet.
Eine Blumenwiese aus heimischen Pflanzenarten fördert selten gewordene Insekten
Wie man auf vielen Bochumer Friedhöfen sehen kann, wird die Fläche wegen einer geänderten Begräbniskultur nicht etwa knapp, sondern Gräberfelder werden frei, eingeebnet und zu Zierrasen umfunktioniert. Auf einer solchen Fläche wird Holger Sense mit seinem Team und der Unterstützung des BUND Bochum 3000 m² Blumenwiese mit Regiosaatgut (zertifizierte Pflanzenarten der Region) anlegen, die dann durch zweimalige Mahd zu einer bunten sog. "Glatthaferwiese" entwickelt wird. An solchen Wiesen hat die heimische Insektenwelt besonders viel Freude. Viele selten gewordenen Arten sind sogar auf sie angewiesen, denn sie können mit fremdländischen Blumen oft nichts anfangen. Im Boden solcher Wiese können zahlreiche Wildbienen überwintern und sich vermehren.
So entwickelt sich im Herzen von Wattenscheid auf einer Fläche von rund 7,2 ha ein artenreicher Friedhof, der sich selbst auch als "Friedpark" oder "Ort der Hoffnung" bezeichnet. Ein Ort der Begegnung zwischen Menschen und Natur mitten in der Stadt.
Mehr zum Ökologischen Friedhof in Wattenscheid gibt es hier:
Ort der Hoffung - Ort der Artenvielfalt
(Armin Jagel, 13.11.2020)