Kreisgruppe Bochum

Blume des Jahres 2017 - Klatschmohn in Bochum

Blume des Jahres 2017 - der Klatschmohn in Bochum

 (© Armin Jagel)

Nur selten wird als Blume des Jahres eine Pflanze gewählt, die man auch in Bochum antreffen kann. Aber im Jahr 2017 ist es anders. Klatschmohn blüht bei uns von etwa Mitte Mai bis zum Spätsommer an Straßenrändern, auf neuen Böschungen und auf Baustellen. Quasi überall dort, wo die Erde frisch aufgerissen wurde. Dieser Mohn gehört in Deutschland sicherlich zu den bekanntesten Pflanzenarten. Warum dann Blume des Jahres? Heute ahnt man gar nicht mehr, dass Klatschmohn eigentlich ein klassisches Ackerunkraut ist.

Ist das Wort "Ackerunkraut" politisch korrekt, wo doch extra dafür die viel freundlicher klingende Wörter wie "Ackerwildkraut" oder "Ackerbeikraut" gebildet wurden? Es gibt natürlich keine Vorgaben dafür, auch nicht im Naturschutz. Das Wort Ackerunkraut ist ein über Jahrhunderte gewachsenes Wort, das die Situation beschreibt, dass eine Pflanze auf einem kultivierten Land wächst, wo sie der Mensch nicht haben will. Wie Unkräuter im Garten, die an anderen Orten nicht ausgerissen werden. Es ist wohl eher Geschmackssache, wie man so etwas nennen will. Eine Neukreierung von Begriffen trägt in der Regel nicht zur Lösung von Problemen bei, sondern schafft eher Distanzen. 

Klatschmohn-Blüte auf Mallorca.  (© Armin Jagel)

Macht man Urlaub in Griechenland oder auf Mallorca, dann bekommt man mancherorts noch einen Eindruck, wie es auch bei uns früher ausgesehen hat. Fragt man betagte Bochumer, erzählen sie noch von Mohnfeldern, also Äckern voll mit Klatschmohn als Unkraut. Ende des 19. Jahrhunderts galt Klatschmohn in Bochum noch als sehr häufig – oder gemein, wie man damals sagte. Diese Zeiten sind vorbei. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft gibt es heute im Acker nicht nur keinen Mohn mehr, sondern nahezu überhaupt keine Unkräuter. Die Saatgutreinigung, dicht wachsende Getreidesorten und vor allen die Unkrautvernichtungsmittel verhindern das. Und so gehört der Klatschmohn heute im Land zu den Arten mit den größten Bestandseinbußen. Die Wahl zur Blume des Jahres weist genau auf diesen Missstand hin: Äcker sind in Deutschland die Lebensräume, die am meisten Arten verloren haben.

Acker-Fuchschwanz in Witten.  (© Armin Jagel)

Ein paar wenige Ackerunkräuter schaffen es, dem Gift zu trotzen und bilden immer wieder Resistenzen dagegen aus, z. B. der Acker-Fuchsschwanz (Alopecurus myosuroides). Solche Unkräuter vermehren sich dann im Acker außergewöhnlich stark. Das ärgert den Bauern und es freut die Agrarkonzerne, denn sie dürfen immer wieder neue Gifte dagegen entwickeln. Der Klatschmohn gehört nicht zu den Trotzigen. Er reagiert sehr empfindlich auf Herbizide. Dabei gibt er sich wirklich Mühe, sich selbst zu erhalten. Um die Bestäubung seiner Blüten zu sichern, bildet er eine unglaubliche Menge an Pollenkörnern aus, pro Blüte sind es etwa 2,6 Millionen! Das ist fast Rekord, nur die Pfingstrosenblüte produziert noch mehr. An Samen findet man bis zu 5.000 in nur einer Kapsel, das macht zwischen 20.000 und 50.000 Samen pro Pflanze. Doch es nützt dem Klatschmohn wenig, wenn sein eigentlicher Lebensraum vergiftet wird.

Klatschmohn duftet nicht und bildet keinen Nektar. Das ist erwähnenswert, denn man liest nicht selten, dass Bienen an Mohn Nektar sammeln würden. Sie bekommen dort aber lediglich Pollen, den sie in ihren Pollenhöschen ins Nest tragen, um die Brut zu versorgen. Auch Schwebliegen findet man in den Mohnblüten, die den Pollen fressen.

Kapseln von Klatsch-, Schlaf-, Saat- und Sandmohn.  (© Armin Jagel)

Ist man spitzfindig, muss man botanisch korrekt Klatsch-Mohn schreiben, also mit Bindestrich, weil "Mohn" die Gattung beschreibt (lat. Papaver) und sich der Zusatz "Klatsch-" auf die bestimmte Art Papaver rhoeas bezieht. Es gibt nämlich auch in Bochum noch weitere Mohn-Arten wie den Saat-Mohn (Papaver dubium) und den Schlaf-Mohn (Papaver somniferum), die heute an Standorten zu finden sind wie der Klatsch-Mohn. Möglicherweise kann man sogar den Sand-Mohn (Papaver argemone) in unserer Stadt entdecken, da er schon mal über die Bahn aus den nördlich gelegenen Sandgebieten ins mittlere Ruhrgebiet verschleppt wird. Die verschiedenen Mohn-Arten sind gut an Kapselform und Behaarung auseinanderzuhalten

Schlaf-Mohn in Bochum.  (© Corinne Buch)

Schlaf-Mohn in Bochum? Ist der nicht verboten? Und in der Tat wird aus dem Milchsaft des Schlaf-Mohns Opium gewonnen und der Anbau ist nicht erlaubt. Aber einzelne Pflanzen finden sich trotzdem immer wieder selbstständig auf Baustellen und in Gärten ein, ohne dass man sie dort mit Hintergedanken angesät hätte. Sie eignen sich wie der Klatsch-Mohn als attraktive Sommerblumen, sind aber wesentlich giftiger. Auch der Mohn vom Brötchen stammt übrigens vom Schlaf-Mohn, nicht vom Klatsch-Mohn.

Klatschmohn-Blatt.  (© Armin Jagel)

Junge Klatsch-Mohn-Blätter kann man zum Salat tun und mit Klatsch-Mohn-Blütenblättern können Speisen dekoriert werden. Aber auch der Milchsaft von Klatsch-Mohn enthält giftige Alkaloide (wenn auch kein Morphin), weswegen man besser nicht allzu viel davon essen sollte. Im Beisein von Kindern sowieso nicht, damit es nicht zu Verwechslungen mit Schlaf- oder anderen, giftigeren Mohnen aus Gärten kommt. 

 

Armin Jagel (20.01.2017).

Literatur zum Weiterlesen:

BOMBLE, W. & JAGEL, A. 2016: Papaver - Mohn-Arten in Nordrhein-Westfalen – Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 7: 237-266. Link: http://www.botanik-bochum.de/jahrbuch/Pflanzenportraet_Papaver.pdf

DÜLL, R. & KUTZELNIGG, H. 2016: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. – Wiebelsheim

JAGEL, A. 2017: Papaver rhoeas – Klatsch-Mohn (Papaveraceae), Blume des Jahres 2017. Link: http://www.botanik-bochum.de/jahrbuch/Pflanzenportraet_Papaver_rhoeas.pdf