Kreisgruppe Bochum

Weiße Mittelstreifen auf den Autobahnen: das Dänische Löffelkraut blüht

Dänisches Löffelkraut auf der A43 im Kreuz Bochum/Witten  (© Armin Jagel)

Wenn man derzeit (Mitte April 2018) auf den Autobahnen in NRW unterwegs ist, fällt der blühende Mittelstreifen auf. Dichte weiße Blütenpolster zieren besonders die Fahrbahninnenränder. Dabei handelt es sich um eine Pflanze, die noch in den 1980er Jahren in NRW gar nicht bekannt war: das Dänische Löffelkraut (Cochlearia danica). Sie wuchs ursprünglich von den europäischen Atlantik- und Ostseeküsten, hat sich aber in den 1990ern auch ins Inland aufgemacht, wie ein Tourist über die Autobahnen. Und da es ihm hier ganz offenbar gefällt, ist es geblieben. Aber warum?

Dänisches Löffelkraut ((Cochlearia danica)  (© Corinne Buch)

In Bochum wächst das Dänische Löffelkraut
z. B. an der A43 an der A44 im Kreuz Bochum/Witten an allen Auf- und Abfahrten. Die Art blüht sehr früh im Jahr und kann schon in der zweiten Märzhälfte aufblühen, wenn das Wetter es zulässt. Als sie in den 1990er Jahren begann, NRW zu besiedeln, arbeitete sie sich relativ rasch entlang der Autobahnen von West nach Ost vor. Allerdings ist der kleine Kreuzblütler offenbar wärmeliebend, sodass er sowohl im Sauerland als auch nach Ostdeutschland hin deutlich seltener wird. Im Ruhrgebiet gab und gibt es große Lücken in der Verbreitung, weil hier die Mittelstreifen schon lange zubetoniert sind und es daher keinen geeigneten Platz zum Wachsen gibt.

Der Grund für die Autobahn als Wanderroute ist das Streusalz, das hier im Winter besonders intensiv gestreut wird und sich gerne am Mittelstreifen konzentriert. Die allermeisten Pflanzenarten vertragen kein Salz, so dass sie diese Stellen räumen und viele vegetationsfreie Flächen entstehen.

Dänisches Löffelkraut (Cochlearia danica) an einer Straßenkreuzung einer Bundestraße  (© Armin Jagel)

Und hier kam nun das Dänische Löffelkraut ins Spiel. Als einjährige Art braucht sie offene Standorte, um jedes Jahr neu keimen zu können. Das Salz stört sie nicht, denn daran ist sie als Küstenbewohnerin gewöhnt. Die Autobahnen verlassen hat sie aber zunächst kaum. Zwar wurde sie immer auch von den Autobahnen runter verschleppt, da aber dann der Konkurrenzvorteil durch Salz deutlich geringer ist oder ganz wegfällt, war sie dort den andere Arten meist hoffnungslos unterlegen.

Dänisches Löffelkraut (Cochlearia danica), fruchtend an einer Landstraße im Kreis Soest  (© Armin Jagel)

Je häufiger die Art aber in NRW wurde - und Ende des 20. Jahrhunderts waren bereits fast alle Autobahnen des Flachlandes besiedelt -, desto häufiger fand man sie auch an den Autobahnzubringern, Bundesstraßen, an sonstigen Straßenrändern und sogar im Bahnschotter und auf Brachflächen. Mehr oder weniger beständig.

Das machte den Botaniker*innen des Landes Spaß. Plötzlich wurde es deutlich einfacher, an Fotos von der Art zu gelangen, schließlich war es nicht mehr nötig, die Verkehrsmeldungen zu verfolgen, wann sich die Gelegenheit ergiebt, in einen Stau hineinzufahren. Zurzeit wäre das landesweit kein Problem, aber es gab auch in NRW Zeiten Autobahnen ohne Baustellen.

Dänisches Löffelkraut (Cochlearia danica) auf dem Mittelstreifen der A40 in Bochum, vertrocknet mit geöffneten Früchten, die die Samen ausgestreut haben  (© Armin Jagel)

In den letzten Jahren wird die Lage für das Löffelkraut schwieriger, wie für viele andere Arten dieses ungewöhnlichen Lebensraumes. Bei jedem Neu- oder Ausbau einer Autobahn werden heute die Mittelstreifen mit Betonbarrieren verbaut, wodurch die typischen Wuchsorte verloren gehen und auch die Ausbreitung über diesen Weg schwieriger wird.

Bisher aber können wir uns vielerorts noch an den weißen Bändern erfreuen und ganz verschwinden wird das Dänisches Löffelkraut sicherlich nicht mehr. Da nicht damit zu rechnen ist, dass die Autobahnmeistereien das Salzstreuen aufgeben, wird es immer noch Stellen zum Überleben finden.

Offen bleibt aber die Frage, warum sich das Dänische Löffelkraut erst in den 1990er Jahren auf die Wanderschaft nach NRW machte, wo es die Autobahnen doch schon viel länger gibt.

Armin Jagel (17.04.2018).

 

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Armin Jagel


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